Koalitionsstreit über gemeinsame Übung von Bundeswehr und Polizei

Der Vorstoß von Innenminister Strobl, Baden-Württemberg an gemeinsamen
Übungen von Bundeswehr und Polizei teilnehmen zu lassen, bringt den grünen
Koalitionspartner in Rage. Das Thema stellt die junge grün-schwarze
Koalition vor eine erste Bewährungsprobe.
Stuttgart (dpa/lsw) - Eine gemeinsame Anti-Terror-Übung von Bundeswehr und
Polizei sorgt im Südwesten für den ersten Zoff in der grün-schwarzen
Koalition. Die Ankündigung von Innenminister Thomas Strobl (CDU), dass
Baden-Württemberg als viertes Bundesland im Februar 2017 an einem solchen
Einsatz teilnimmt, stößt auf massive Kritik bei den Grünen. «So funktioniert
Koalition nicht», sagte der parlamentarische Geschäftsführer der
Grünen-Fraktion, Uli Sckerl, der Deutschen Presse-Agentur.
Dagegen hatte sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) für eine
solche Übung ausgesprochen. «Da es diese Möglichkeit als ultima ratio gibt,
muss man eine solche Unterstützung auch mal einüben», hatte er mit Blick auf
Artikel 35 Grundgesetz argumentiert. Dieser ermöglicht einen von der Polizei
angeforderten und von ihr geleiteten Einsatz der Bundeswehr im Inneren.
Zusammengearbeitet hatte die Polizei mit der Bundeswehr im Südwesten bereits
bei der Flüchtlingsunterbringung.
Für die Landtags-Grünen ist eine gemeinsame Übung von Bundeswehr und Polizei
im Südwesten aber noch nicht beschlossene Sache. Ein solch weitreichender
Schritt müsse im Koalitionsausschuss diskutiert werden, betonte Sckerl. Das
Gremium tagt am 12. September das nächste Mal. Innenminister Thomas Strobl
(CDU), der die Übung bereits als beschlossene Sache darstellt, müsse dem
Gremium zuerst sein Konzept vorlegen. Bislang sei das Thema eine «Black
Box». Dann könne entschieden werden, ob und unter welchen Voraussetzungen
Baden-Württemberg teilnimmt.
Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz warnte vor einer Verunsicherung der
Bevölkerung durch das Auftreten bewaffneter Soldaten im öffentlichen Raum.
Strobl betonte, er sei in engem Kontakt mit dem grünen Koalitionspartner und
werde das Thema im Koalitionsausschuss erläutern.
Auch die oppositionelle SPD hatte sich bereits gegen eine Übung
positioniert. «Innenminister Strobl sollte sich lieber um seine eigenen
Hausaufgaben kümmern, statt unser Land als Spielwiese für eine
verfassungsrechtlich höchst fragwürdige gemeinsame Übung von Polizei und
Bundeswehr anzupreisen», hatte SPD-Fraktionsvize Sascha Binder gesagt. Auch
die Deutsche Polizeigewerkschaft hatte sich gegen das Vorhaben
ausgesprochen. Die beiden Organisationen seien völlig unterschiedlich
aufgebaut.
Die Grünen haben verfassungsrechtliche Bedenken, die Bundeswehr mit
exekutiven Rechten im Innern auszustatten. Strobl, der auch Stellvertreter
von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist, hielt dagegen: Die
Landespolizei sei sehr gut aufgestellt, aber es könne Ausnahmesituationen
geben, in denen sie auch von der Bundeswehr unterstützt werden müsse. Als
Beispiel für eine «absolute Ausnahme» nannte er eine großflächige, lang
andauernde und länderübergreifende Terrorlage mit zeitgleich stattfindenden
Terroranschlägen.