Die Weinheimer Buslinien

Weinheim ist bzgl. öffentlichem Personen-Nahverkehr (ÖPNV) in vielfältiger Weise versorgt. Es gibt die Züge der Deutschen Bahn, die am (Haupt-)Bahnhof und am Bahnhof Lützelsachsen sowie bald auch noch am neuen S-Bahnhof Sulzbach halten. Dann gibt es die „OEG“, präziser gesagt die RNV-Linie 5, 9 Buslinien sowie mehrere Ruftaxi-Verbindungen. Heute soll es um die Buslinien gehen – und zwar um die sog. städtischen Buslinien, also die 5 Linien 631, 632, 632A, 633 und 634.

Diese 5 Linien gibt es seit April 2014. Sie wurden eingeführt, als der neue ZOB (= Zentraler Omnibus-Bahnhof) am Bahnhof fertiggestellt wurde. In diesem Zusammenhang wurden mehrere Schwachstellen der Vergangenheit ausgemerzt:

  • Bessere Verknüpfung Bus-Bahn

  • Durchmesser- statt Radiallinien (d.h., die Busse fahren zwar alle über den ZOB, enden aber nicht dort; früher endeten alle Buslinien am zentralen Umsteigepunkt „Dürreplatz“)

  • Bessere Erschließung der Innenstadt (Marktplatz, Hermannshof, Schlosspark, Fußgängerzone)

  • Endlich auch Abend- und Wochenend-Verkehre

Um das Ganze bei nur geringfügig steigenden Kosten hinzubekommen, mussten jedoch einige Kompromisse geschlossen werden. So wurden die beiden Ost-West-Linien 633 und 634 zur Anbindung der Weststadt an die Innenstadt als gegenläufige Ringlinien konzipiert. Das ist schon mal nicht so ganz einfach zu verstehen und funktioniert nur, wenn beide Linien durchgängig im selben Takt verkehren. Leider wurde zur Beschleunigung der Fahrweg der Linie 633 geändert, so dass diese – anders als die Linie 634 – jetzt nicht mehr durch die Ahornstraße fährt (früher zweifaches Kreuzen der OEG-Gleise), sondern durch die Breslauer Straße. Schlimmer jedoch ist, dass man glaubte, bei der Linie 634 auf die Abend- und Wochenend-Fahrten verzichten zu können. Damit gibt es – gefühlt – für viele Bewohner der Weststadt keine Möglichkeit, mit dem Bus z.B. abends zum Marktplatz, bzw. wieder zurück zu kommen. De facto gibt es zwar diese Möglichkeit in Fortsetzung des Rundkurses der Linie 633, aber auf einem der beiden Wege muss man u.U. eine Rundfahrt durch halb Weinheim mit entsprechender Fahrtdauer machen.

Genauso problematisch ist die Lösung mit den Linien 632 (Lützelsachsen → Laudenbach, Laudenbach → Ritschweier) und 632A (Ritschweier → Hemsbach, Hemsbach → Lützelsachsen). Deren Laufwege sind – wie es die Verwaltung vornehm formuliert – „in höchstem Maße umlauf- und kosten-optimiert“, aber eben nicht kundenfreundlich. Die beiden Linien bilden zusammen ein „X“ oder eine liegende Acht, was für Gelegenheitsfahrer oder gar Neukunden kaum verständlich ist.

In beiden Fällen stellt sich die Frage, ob mit einer teureren, aber konsistenten Lösung nicht wesentlich mehr Fahrgäste und damit auch entsprechende Fahrgeld-Einnahmen erreicht werden können.

Ja, das liebe Geld ! ÖPNV ist nie kostendeckend, und Busverkehre haben einen niedrigeren Kostendeckungsgrad als Straßenbahn-Verkehre. Für Weinheim gilt: Einerseits übernimmt der Rhein-Neckar-Kreis 40 % des Defizits, welches nach Berücksichtigung der Fahrgeld-Einnahmen verbleibt. Andererseits wird es für Weinheim bei der Ausschreibung bzgl. eines neuen Betreibers, die in diesem Jahr für die nächsten 10 Jahre ab 2018 europaweit erfolgt, aus mehreren Gründen teurer werden. U.a. darf künftig aufgrund von EU-Wettbewerbsrecht zur Gleichbehandlung aller Bewerber keine Querverrechnung von Verlusten aus dem Busbetrieb mit Gewinnen der Stadtwerke (zur Steuerminderung der Stadtwerke) mehr erfolgen. Einige hunderttausend Euro pro Jahr werden sicherlich künftig von Weinheim für das Defizit im Busverkehr aufzubringen sein.

Zum Schluss aber noch mal zu den Inhalten:

In Summe hat der Busverkehr 2014 in Weinheim einen Quantensprung gemacht. Nicht zuletzt ist auch die Ausstattung vieler Haltestellen mit Wartehäuschen oder zumindest deutlich sichtbarer Bordstein-Anpassung zu erwähnen. Damit sind die Busse optisch im Weinheimer Stadtbild viel stärker präsent als früher. Jetzt gilt es, in der anstehenden Neuausschreibung des Betreibers zumindest den heutigen Standard abzusichern, besser noch das Problem der ungleichen Bedienung der Linien 633 und 634 zu lösen. Denn aufgrund des zunehmenden Anteils an älteren Menschen in der Bevölkerung wird die Bedeutung eines guten Stadtbus-Systems in Mittelzentren wie Weinheim weiter zunehmen.

Hier der Link zum aktuellen Bus-Liniennetzplan in Weinheim:

https://www.vrn.de/mam/liniennetz/liniennetzplaene/dokumente/schematisch/weinheim_-_liniennetzplan_12-2014.pdf