Im Kreuzfeuer

Der Weinheimer Stadtrat und Mitglied des Landtags, Uli Sckerl, ist Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss. Die Fraktion sprach dem Weinheimer Parlamentarier einstimmig ihr Vertrauen aus. Die Opposition im Landtag giftet, die Grünen hätten die NSU-Enquete-Kommission “ an die Wand gefahren – so FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülcke gegenüber der RNZ, Stuttgart.  Sie hätten ein Gutachten, das die Rechte des Gremiums klären sollte, nur in den eigenen Reihen kursieren lassen – und dies auch noch geleugnet. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen Fraktion, Uli Sckerl, sei dabei „Anstifter für Unwahrheiten  gewesen“, zitierte die gleiche Zeitung  den CDU-Fraktionschef Peter Hauck.

Was ist dran an diesen Vorwürfen?  Fadime Tuncer vom Wahlkreisbüro Weinheim-Bergstraße: “ Gar nichts. Das ist mittlerweile durch Dokumente der Landtagsverwaltung belegt“.

·       Worum geht es eigentlich?

Tuncer: Es geht in der Stellungnahme der Landtagsverwaltung um die Frage, welche Rechte eine Enquete hat. Diese Frage war zu beantworten, damit die Enquete ihrem Auftrag nachkommen kann – zu dem auch die Aufarbeitung der NSU-Vergangenheit in Baden-Württemberg gehört. Es gab rechtliche Unklarheiten über die Möglichkeit, Ermittlungsbeamte vor der Enquete zu befragen. Mit dem Inhalt der Enquete hat diese Diskussion nichts zu tun. Die Landtagsverwaltung hat zu dieser Frage eine Stellungnahme geschrieben.

Der grüne Vorsitzende der Enquete, Willi Halder, hat das Gutachten an Mitglieder seiner Fraktion weitergeben, bevor er es den anderen Fraktionen hat zukommen lassen. Das war nicht in Ordnung, weil es gegen die Gepflogenheiten des Landtages verstößt. Weil das nicht zu den grünen Ansprüchen an Politik passt, hat die Fraktion schnell Konsequenzen gezogen. Der grüne Enquete-Vorsitzende ist von seinem Amt zurückgetreten und hat angekündigt, sich aus der Enquete zurückzuziehen.
Der schnell erhobene Vorwurf der Opposition, die Grünen hätten versucht, Einfluss auf die Stellungnahme zu nehmen, war schnell entkräftet. Die Landtagsverwaltung hat ausführlich dargelegt, dass es keine Einflussnahme gab. Der Autor der Landtags-Stellungnahme hat auf Rückfrage des Vorsitzenden Halder lediglich eine Passage zur Möglichkeit, Ermittlungsbeamte auch in öffentlicher Sitzung zu befragen, so klargestellt, dass sie auch für Nicht-Juristen verständlich ist – inhaltlich ist sie identisch zur ersten Fassung.

·       Warum ist die Sache dann noch nicht erledigt?
 
Tuncer: Die Vorwürfe der Opposition sind entkräftet. Die Opposition scheint dies nicht zu interessieren. Sie nutzt die Gelegenheit um politische Gegener durch Unterstellungen zu beschädigen und trägt diese Parteitaktik in den Untersuchungsausschuss.

·       Was hat es mit der Kritik an einzelnen Grünen auf sich?

Tuncer: Es war nicht in Ordnung, dass Daniel Lede Abal sich in einer Pressekonferenz durchgemogelt hat, was die Frage nach der „Kenntnis“ des Gutachtens der Landtagsverwaltung angeht. Und dafür hat er sich mehrmals entschuldigt. Er wird sich zur Rechtfertigung seines Lavierens auch nicht mehr in sprachliche Feinheiten flüchten: Er hat einen Fehler gemacht, daraus hat er seine Lektion gelernt.

Was die wiederholt unterstellte Einflussnahme des Parlamentarischen Geschäftsführers der Grünen, Uli Sckerl, angeht, bleibt festzuhalten: Die schriftliche Entlastung durch die Landtagsverwaltung und die mündliche Bekräftigung durch zwei Mitarbeiter hat diesen Vorwurf in sich zusammenfallen lassen. Es ist für uns unverständlich, dass die Opposition darüber hinaus das normale Tagesgeschäft eines jeden Parlamentarischen Geschäftsführers – die Beratung der Abgeordneten – wider besseres Wissen skandalisiert.

·       Wird das den Opfern des NSU gerecht?

Tuncer: Das einzige, was den Opfern des NSU gerecht wird, ist eine gründliche Aufarbeitung der Vorgänge rund um das NSU-Trio. Es wird aber auch nur dann gerecht, wenn der Blick nach vorne nicht fehlt. Wir müssen alles tun, dass sich so etwas nicht wiederholen kann. Für den Blick in die Zukunft ist ein Untersuchungsausschuss nicht das richtige Mittel. Es ist die Kombination aus Aufarbeitung in einem Untersuchungsausschuss und Handlungsempfehlungen durch eine Enquete, mit der wir den Opfern gerecht werden. Deshalb übernimmt eine Enquete basierend auf den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses den Blick nach vorne.

·       Und wie kam es jetzt zum Untersuchungsausschuss?

Tuncer: Als der Wirbel um die Enquete in vollem Gange war, hat die SPD-Fraktion vorgeschlagen, die Grenzen der Enquete als Hinweis zu nehmen, dass ein Untersuchungsausschuss das richtige Instrument für eine Aufarbeitung der Vergangenheit ist. Und man in die Zukunft wiederum mit einer Enquete schauen wolle. Ursprünglich hatten sich Grüne und SPD auf eine Enquete geeinigt, weil die Hoffnung war, damit sowohl Vergangenheit als auch Zukunft in den Blick zu nehmen. Zwei Instrumente zu nutzen scheint jetzt die bessere Lösung zu sein.