Stellungnahme zu F-Standort

„Es ist gut, dass entschieden wird“, sagte GAL-Stadträtin und Fraktionsvorsitzende Elisbeth Kramer am 24. Sept. im Gemeinderat anlässlich der Debatte um die Unterbringung der Flüchtlinge in Weinheim.  Und sie bedankte sich bei allen KollegInnen und der Verwaltung für die konstruktive Zusammenarbeit.

Hier die Rede im Original:

Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

die erschütternde Situation der Flüchtlinge drängt sich auf, in dramatischen Bildern, Schilderungen und Zahlen. Dem dürfen und können wir uns auch hier in Weinheim nicht entziehen. Zumal das Asylrecht ein hohes Gut ist, ebenso aber die Aufenthalts-berechtigung von Flüchtlingen, die vor Krieg und Bürgerkrieg fliehen mussten.

Hier entscheiden wir heute über weitere zwei Standorte für die künftige Unterbringung von Flüchtlingen. Die Heppenheimer Straße ist als einer von drei Standorten bereits beschlossen. Dort sollen nun 80 statt ursprünglich 100 Personen hin, sogar 200 waren geplant – ein echter Fortschritt. Vermutlich muss nun in neuer BPlan für die Heppenheimer Straße aufgestellt und durchgeführt werden – das ist sicher der erste Schritt bei den vielfältigen Planungen. Vielen Dank schon mal vorab an die PlanerInnen für die vergangenen und noch kommenden Anstrengungen.

Wir als GAL-Fraktion haben uns die Entscheidung bei der Standortfindung für die Flüchtlingsunterkünfte wahrlich nicht leicht gemacht. Wir haben in den letzten Wochen intensiv mit vielen Bürgerinnen und Bürgern bei Ortsterminen, Veranstaltungen und in Sprechstunden gesprochen. Wir haben mit Bürgerbriefen versucht, sachgerecht und objektiv zu informieren. Wir haben uns insbesondere bemüht, allen zuzuhören, um auf die vielfältigen Argumente einzugehen und sie berücksichtigen zu können. Und wir haben erreicht, dass in Verhandlungen mit dem Landrat nun drei Standorte möglich sind. Gern hätten wir auch vier Standorte vorgeschlagen, aber jetzt war ganz klar die Grenze der Verhandlungsmöglichkeiten erreicht, das haben wir akzeptiert. Zumal jetzt die Linken werden feststellen müssen, dass zwei der von ihnen vorgeschlagenen vier Standorte gar nicht funktionieren. Aber das wussten sie selbst vermutlich auch schon vorher. Klingt halt gut.

Wir haben nun alles, was uns an Informationen und Meinungsbildern vorliegt, gründlich abgewogen und sind zu folgender Entscheidung gelangt:

  1. Bestätigung des Standortes Heppenheimer Straße
  2. Neue Standorte:
    1. Weststadt, „Allmendäcker“
    2. Sulzbach, Schleimweg II

Anmerkung zum Standort „Allmendäcker“: Hier soll nun das gesamte Gewann auf Eignung untersucht werden, nicht nur der westliche Bereich an der Th.-Heuss-Straße. Wir halten es für durchaus vorstellbar, dass die Gebäude im östlichen Bereich des Gewanns errichtet werden und die Erschließung über die Stettiner Straße erfolgt.

Folgende Kriterien sind an jedem der drei Standorte für uns wichtig:

  • Die Standorte sollen vor allem für Flüchtlingsfamilien geeignet sein.
  • Es sollen keine Standorte sein, die zu weit von Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen etc. entfernet sind.
  • Auch eine Nahversorgung sollte möglich sein.
  • Der Nachbarschaft sollte ein Kontaktaufnahme möglich sein, ohne dass Störungen durch eine zu große Nähe zu befürchten sind.
  • Wir werden die Höchstbelegungszahlen pro Standort mit 80 Personen mit dem Rhein- Neckar-Kreis vertraglich absichern.
  • Wir werden weiter dafür Sorge tragen, dass öffentliche Einrichtungen im gesamten Stadtgebiet sich an den aus den Flüchtlingsunterbringungen ergebenen Aufgaben beteiligen. Das gilt insbesondere für den Schul- und Kindergartenbesuch von Flüchtlingskindern. Hier werden wir für eine gleichmäßige Verteilung auf die Grund- und weiterführenden Schulen sowie die Kinderbetreuungseinrichtungen im Stadtgebiet sorgen. Eine Konzentration auf nur eine Schule oder nur einen Kindergarten kommt für uns nicht in Frage.

Bei allen Standorten ist es wichtig, dass der derzeitige Wohncharakter der Umgebung nicht verändert wird; es wird insbesondere keine neuen Erschließungsstraßen geben und auch keinen Durchgangsverkehr. Alle weiteren Fragen, die sich aus der künftigen Umsetzung der Standorte ergeben, werden wir im Bebauungsplanverfahren und in vielen weiteren Gesprächen mit Ihnen voranbringen.

Falls einer dieser drei Standorte nun doch nicht funktionieren sollte – die Pacht klappt vielleicht doch nicht, die Infrastruktur reicht nicht – sind wir bereit, noch über den Lützelsachsener Standort nachzudenken. Ebenso sollten wir offen sein für Standorte in Gewerbegebieten, wenn es denn die gesetzlichen Vorgaben dazu erlauben werden. Wir stehen aber jetzt zu den drei vorgeschlagenen Standorten und bitten die Verwaltung ausdrücklich, hier die Planungen in Gang zu setzen.

Wir sind uns bewusst, dass jede Standortentscheidung in der unmittelbaren Umgebung auf Vorbehalte stoßen wird. Wir wundern uns aber über manche Stellungnahmen, die zwar grundsätzlich die Unterbringung von Flüchtlingen begrüßen, den konkreten Standort aber als möglichst ungeeignet beschreiben. Dazu kommen dann Wünsche wie Unterbringungen in einzelnen Wohnungen – obwohl das hier bei uns völlig illusorisch ist. Zum Teil wird in denselben Schreiben, die eine möglichst dezentrale bis vereinzelte Unterbringung fordern, wird eine Flüchtlingsunterkunft in den umliegenden Kasernen angepriesen. Nicht nur wegen des Widerspruchs, aber auch das geht nicht, wie uns mehrfach dargelegt wurde.

Wir haben bei unseren Entscheidungen vieles abgewogen und bitten um Verständnis dafür, dass nicht alle Anliegen berücksichtigt werden konnten. Wir haben also mit viel Mühen diesen Kompromiss ausgehandelt, der sich durchaus sehen lassen kann, ich denke sogar, dass die Verhandlungsergebnisse beispielhaft sind für Baden-Württemberg, gerade auch was die Qualität der Bebauung angeht. Schließlich niemand in Containern leben, aber auch nicht in deren Nachbarschaft.

Wir sind überzeugt, dass es an allen Standorten auch Bereitschaft geben wird, die ankommenden Flüchtlinge zu akzeptieren und ihnen mit einer positiven Willkommenskultur gegenüberzutreten. Auch hier ist unsere ganze Stadtgesellschaft gefordert. In Hinblick auf das Netzwerk NAWI sind wir zuversichtlich, dass in Weinheim ein gutes Klima zwischen Bürgerschaft und Flüchtlingen entstehen kann.

Wir dürfen nicht vergessen, aus welchen z.T. unmenschlichen Verhältnissen diese Menschen kommen. Die meisten haben gerade Krieg oder Vertreibung hinter sich gebracht. Jetzt wollen und müssen sie zur Ruhe kommen und neue Zuversicht schöpfen. Das sollten wir unterstützen. Dazu gehört auch eine gute Betreuung, die werden wir einfordern und begleiten. Nur so ist den unbegründeten Ängsten zu begegnen.

Zwei Dinge will ich noch anfügen:

  • Es ist gut und notwendig, dass jetzt entschieden wird. Einen weiteren Aufschub durch weitere Prüfungen wollen und können wir nicht verantworten.
  • Wer mich kennt, weiß dass ich im Gemeinderat nicht unbedingt Wert lege auf Harmonie. Bei diesem Prozess aber über alle Fraktionen und Gruppen hinweg eine durchgehende Einigkeit zu finden, das war eine gute Erfahrung und gerade bei diesem Thema hilfreich. Vielen Dank dafür an alle KollegInnen, auch an die Verwaltung, die dies schließlich ermöglicht hat.