Fairer Handel mit Afrika könnte Fluchtursachen vermeiden

Franziska Brantner zu Besuch im Wahlkreis

Aufgewachsen sei sie in Südbaden, erzählte Franziska Brantner, nahe der Grenze zu Frankreich. Die Familie hat ihr das Interesse an Politik mitgegeben, dazu kamen Studienjahre in Frankreich und den USA, die sie eine überzeugte Europäerin werden ließen. Später wurde sie Abgeordnete im Europaparlament, jetzt vertritt sie unseren Wahlkreis im Bundestag. Die Bitte zu einer persönlichen Vorstellung kam aus dem Publikum in der Stadtbibliothek, das neugierig auf diese junge Abgeordnete war, die so viel zu berichten hatte.

Der Gesprächsabend mit ihr begann, ganz der Aktualität entsprechend, mit den Fragen, die sich angesichts der Flüchtlinge stellen. Dabei zeigte Brantner an Beispielen, wie eine verfehlte Politik zugunsten der europäischen Wirtschaft nun die Flüchtlinge zu uns treibt. So erlauben die Fischereiabkommen zwischen der EU und etlichen afrikanischen Staaten den europäischen Trawlern, das Meer an der afrikanischen Westküste leer zu fischen, so dass die Einheimischen keine Chancen mehr auf die gewohnten Erträge haben. Gerade Senegal und Gambia seien dadurch so verarmt, dass für junge Leute dort keine Perspektiven  bestünden. Faire Handelsabkommen seien nicht in Sicht, immer ginge es nur darum, die westlichen Exporte zu unterstützen, so dass letztlich neue Fluchtursachen geschaffen würden.

Flüchtlinge bei uns, aber auch im Nahen Osten zu unterstützen sei nun das Gebot der Stunde, aber es müssten eben auch wirksame Lösungen in den betroffenen Ländern gefunden werden, damit niemand von dort fliehen muss.

In Hinblick auf Syrien mahnte Brantner eine internationale Friedenkonferenz an, ausdrücklich auch mit den arabischen Staaten und auch mit dem Iran und der Türkei, unter der Beteiligung der EU, der USA und Russland. Die derzeitige Situation im mehrfachen Krieg sei bedrückend, hier müsse die EU initiativ werden.

Unser Umgang mit den Flüchtlingen und auch mit den Fluchtursachen, die Haltung der EU zu den Menschenrechten, das werde zum Gradmesser der Glaubwürdigkeit einer echten Europäischen Union. So sei der ungarischen Regierung durchaus deutlich zu machen, dass die Missachtung der europäischen Regeln auch zum Ausschluss aus dem Schengenraumes führen kann. „Dann brauchen die Ungarn eben einen Pass für ihre Reisen“, so Brantner als Vorschlag einer Reaktion auf die Beschlüsse der Regierung Orban.

Auch mit dem Thema Flüchtlinge verbunden waren die Überlegungen Brantners zur Kinderbetreuung. Gerade angesichts der zusätzlichen Kinder sei es nötig, die Mittel, die nun durch den Wegfall des Betreuungsgeldes frei würden, für Kinderförderung einzusetzen. Es erschreckt sie, „dass 40% der Kinder in Hartz-IV-Haushalten aufwachsen“, deshalb seien gute KiTas mit Sprachförderungen überfällig, für alle Kinder, deutsche wie ausländische.

Zum Thema Griechenland hätte Brantner noch viel mehr erzählen können als es der Abend erlaubte. Wie alle ist sie nicht nur gespannt auf den Ausgang der Wahlen sondern zusätzlich überzeugt, dass nur zeitlich gestreckte Umschuldungen Griechenland helfen können. „Die Tilgungen sind so nicht leistbar, der ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) muss hier überbrückend einspringen, damit auch Investoren Sicherheit bekommen“, betont Brantner, die u.a. internationales Handelsrecht studiert hat.

Ein Thema, dass nicht nur Grünen auf den Nägeln brennt, konnte Brantner zum Schluss nur kurz streifen: Zu TTIP, dem großen Handelsabkommen, hat sie eine deutlich differenziertere Haltung als dessen eindeutige Gegner. Das wird sie ausführlich erläutern und diskutieren auf einer Veranstaltung am 6. Oktober in Hirschberg. Jetzt schon gab sie klar zu verstehen, dass sie die umstrittenen Schiedsgerichte klar ablehnt. Dass aber harmonisierte Normen zwischen den USA und der EU auch von Vorteil sein können, machte Franziska Brantner abschließend an einem aktuellen Beispiel überdeutlich: Auf den Spielplätzen im Heidelberger Patrick-Henry-Village hätten jahrzehntelang die amerikanischen Kinder gespielt, nun dürften die Flüchtlingskinder nicht an die Geräte, weil der deutsche TÜV dafür die Genehmigung versagt.