Neue Runde für Juncker

(eb) Jean-Claude Juncker ist am 16. Juli 2014 vom Europa-Parlament bestätigt worden. Die Nominierung  des ehemaligen Regierungschefs aus Luxemburg hatte für heftigen Streit in der EU gesorgt. Im Juni hatten auch die Grünen ihre Unterstützung signalisiert. Sie kritisierten allerdings, dass Junckers Schwerpunkte bisher lediglich auf Wachstum ausgerichtet seien, nötig seien Investitionsprogramme, die unter anderem Arbeitsplätze für junge Menschen brächten. Vielleicht sollte man den Politiker an seine Äußerungen von 2006 erinnern. Hier ist ein spannendes Interview mit Jean-Claude Juncker und der Frankfurter Rundschau: http://www.gouvernement.lu/906488/20juncker_rundschau

Auszüge:
Frankfurter Rundschau: Sie setzen sich seit Jahren für soziale Mindeststandards in Europa ein. Tatsächlich gibt es aber immer mehr prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Warum versagt die EU bei der sozialen Absicherung?

Jean-Claude Juncker: Die Missstände gehen zunächst einmal auf eine verfehlte nationale Politik zurück. Im Laufe der vergangenen 15 Jahre beobachte ich mit wachsendem Unmut, dass in Europa zunehmend unregelmäßige Arbeitsverhältnisse zur Regel werden, die früher zu Recht als atypisch bezeichnet worden wären. Ich bin da konservativ.

Frankfurter Rundschau: Was heißt das?

Jean-Claude Juncker: Arbeitnehmer haben Anspruch auf ein Mindestmaß an Sicherheit. Deshalb sollte der unbefristete Arbeitsvertrag die Regel sein. Wer alle sechs Monate um seine berufliche Zukunft bangen muss, kann nicht planen, seinen Kindern keine Perspektive bieten und letztlich auch nicht konsumieren. Diejenigen, die der neuen Mode von Flexibilität und prekären Arbeitsverhältnissen huldigen, werden noch erleben, was sie damit anrichten.
Frankfurter Rundschau: Was befürchten Sie?

Jean-Claude Juncker: Es wird der Zeitpunkt kommen, dass sich große Teile der Arbeitnehmer gegen die systematische Verunsicherung wehren werden, weil sie sich in diesem Europa und in ihren nationalen Staaten nicht mehr aufgehoben fühlen. Deregulierung um jeden Preis bringt letztlich auch die Wirtschaft nicht voran, sie schadet ihr eher.

Jean-Claude Juncker: Die Europäische Union muss auch eine Sozialunion werden.
Frankfurter Rundschau: Welche Mindeststandards halten sie in der EU für unerlässlich?

Jean-Claude Juncker: Ein Grundeinkommen. Das heißt: Jeder, der in einem EU-Mitgliedsland wohnt, hat Anspruch auf ein Mindesteinkommen. Dieses muss natürlich nicht überall gleich sein. Brüssel kann nicht die Höhe festlegen, sollte aber prinzipielle Regeln für eine soziale Grundsicherung formulieren.